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und das soll Liebe sein?

und das soll Liebe sein?

LESEPROBE

Dieses Buch ist von Frauen für Frauen geschrieben, aber natürlich auch interessant für deren Partner. Denn es geht um narzisstische Ausbeutungsbeziehungen und die Dynamik, die sich zwischen den Partnern im Lauf der Zeit entwickelt.

Anhand ihrer eigenen Geschichte erzählt Anna Maria, wie sie ihren Frank kennen lernte, wie sie sich verliebten und im 7. Himmel schwebten und wie die Beziehung allmählich destruktive Züge annahm. 8 Jahre lang litt sie unter seinen Vorwürfen, Entwertungen und Angriffen, bis sie sich aus eigener Kraft von diesem Mann befreien und ein neues und selbstbestimmtes Leben beginnen konnte.

So, wie Anna Maria geht es vielen Frauen, die sich auf einen Mann einlassen, der ihnen scheinbar Liebe und Zuwendung entgegenbringt, die sich aber dann in das genaue Gegenteil verkehrt. Sie halten trotz allem an der Beziehung fest, oft Jahre oder sogar Jahrzehnte, bis sie fast zugrunde gehen. Zu sehr binden die Drohungen, die der Partner ausspricht, sollten sie ihn verlassen, aber auch die Hoffnung, dass noch einmal alles so schön wird, wie zu Beginn.

Ich kommentiere die Geschichte von Anna Maria und Frank, um verständlich zu machen, wie es dazu kommt, dass eine Frau so viele Qualen in einer Partnerschaft aushält. Wir werden sehen, dass es nicht unbedingt Naivität ist, wie ihr oft vorgeworfen wurde, sondern viel mit ihrer Lebensgeschichte zu tun hat, denn Beziehungserfahrungen in der Familie bestimmen die Art unserer Liebesbeziehungen und unserer Partnerwahl. Wer wenig Identität und Selbstwertgefühl aufbauen konnte, der sucht sich meist einen Gefährten, der diese Leerstelle ausfüllt. Wer sich minderwertig fühlt, braucht einen selbstbewussten Partner, wer sich selbst für den Tollsten hält, sucht sich eine unterwürfige Frau.

In narzisstischen Beziehungen ist in der Regel der Mann der grandios Narzisstische und die Frau das depressiv narzisstische Gegenstück. Auch Frank und Anna Maria repräsentieren diese Form: Er ein Mann, der so wirkt, als sei er völlig von sich überzeugt, versucht sich die Frau untertan zu machen. Dass das mit vielen Verletzungen verbunden ist und daher nicht gut gehen kann, versteht sich von selbst. Natürlich gibt es auch die andere Kombination: der Mann unterwirft sich der dominanten Frau und wertet sein niedriges Selbstwertgefühl durch ihre Stärke, Attraktivität und berufliche Kompetenz auf. Doch diese Beziehungen kommen seltener vor, auch wenn die Dynamik im Grunde dieselbe ist.

Die Geschichte von Anna Maria steht für viele Geschichten anderer betroffener Frauen. Wir möchten ihnen die Augen öffnen, früher und konsequenter zu reagieren, statt die negativen Zeichen zu lange zu verleugnen. Je früher eine Frau nämlich erkennt, dass der Partner einen Mister Hyde hinter der charmanten Fassade verbirgt, um so eher kann sie Konsequenzen ziehen. Ist das Selbstwertgefühl erst einmal durch die jahrelangen Abwertungen und Lügen geschwächt, fällt die Entscheidung, sich zu trennen, immer schwerer. Wir wollen mit diesem Buch den Frauen Mut machen, hinzuschauen und von einem Traum Abschied zu nehmen, der sich als Alptraum entpuppt. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Das narzisstische Beziehungsideal
Wer wünscht sich nicht einen Partner, der einen auf Händen trägt, jeden Wunsch von den Augen abliest und immer für einen da ist? Der einen liebt und den man nie wieder hergeben will? Und in dessen Gegenwart man sich weiblich und anziehend fühlt und das Selbstwertgefühl steigt? Die Sehnsucht nach einem solchen Partner schlummert in den meisten Frauen und die Hoffnung auf die große Liebe stirbt nicht aus. Bekanntschaftsanzeigen boomen, weil beinah jede, die Single geworden ist, einen neuen Partner sucht. Das ist auch ganz verständlich, denn wir Menschen brauchen andere Menschen zum Leben. Alleine und isoliert werden wir depressiv und unglücklich. Doch ist die sogenannte große Liebe oft mit Illusionen verbunden, die sich in der Wirklichkeit nicht umsetzen lassen. So wünschte sich eine Frau, die immer wieder von ihren Partnern verlassen wurde, eine Beziehung, „wo wir uns so lieben, dass alles ganz einfach ist und wir alle Probleme lösen“. Die Vorstellung, man müsste sich nur genug lieben, dann würde sich alles wie von selbst fügen, ist ebenso weit verbreitet, wie die Enttäuschung, wenn es nicht klappt. Denn eine Beziehung ist mehr als romantische Liebe und ein Prinz auf dem weißen Pferd, der mit einem in den Sonnenuntergang reitet. An dem Punkt, an dem Märchen enden, beginnt im Alltag die Beziehungsarbeit. Und die ist nicht immer romantisch.

Das narzisstische Beziehungsideal besteht aus dem Traum von einer verschmelzenden Zweisamkeit, in der beide dasselbe fühlen, denken, erleben und wollen. Es ist die völlige Harmonie, die als Liebe erlebt wird und die Partner auf immer zusammenschweißen soll. Doch was wie Liebe erlebt wird, ist mehr der Wunsch nach Kontrolle über den Partner und die Partnerin. Nur wenn das geliebte Gegenüber sich so verhält und so ist, wie man es möchte, kann die Beziehung bestehen.

Die Voraussetzung, um einen solchen Zustand zu erreichen, ist die Aufgabe der persönlichen Eigenheiten, da sie den Gleichklang stört. Aus zwei Menschen wird ein Mensch gemacht, quasi ein Klon von sich selbst. So wie aus Milch und Kaffee Milchkaffee wird. Diese Konfluenz, dieses Zusammenfließen, führt dazu, dass es am Ende weder die Milch noch den Kaffee gibt. Übertragen auf die Menschen heißt es, dass von den einzelnen Personen nicht mehr viel übrig ist. Frauen erleben es als ein Sich-im-anderen-Verlieren, ein Sich-Aufgeben und Nicht-mehr-bei-sich-Sein.

Die Falle dieser konfluenten Beziehungen ist, dass sie nicht wirklich funktionieren, außer einer von beiden bestimmt, woran sich der andere anpassen soll. Menschen sind nämlich viel zu unterschiedlich, als dass sie immer im Gleichklang leben können. Das gelingt nur, wenn einer zurücksteckt und sein Denken, Fühlen und seine Bedürfnisse dem anderen unterordnet. In der Regel ist es die Frau, die sich anpasst und der Mann gibt die Richtung vor, wie es auch im Fall von Sylvia war. Eigentlich ist sie eine patente Frau, die ihr Leben bisher selbstständig gemeistert hat, aber in der Liebesbeziehung mutiert sie zu einer unselbstständigen, angepassten und „selbstlosen“ Frau, ohne Selbstbewusstsein.

Konfluenz geht immer auf Kosten der Partner und der Beziehung. Was als Harmonie und Glück phantasiert wird, nämlich das Fehlen von Reibung durch Unterschiedlichkeit, stellt sich als Quelle vieler Probleme heraus. Denn Konfluenz verhindert Beziehung, statt sie zu fördern.

Beziehung bedeutet, sich auf den anderen zu beziehen und das beinhaltet Interesse und Neugier am anderen und Sorge um den anderen. Beziehung bedeutet nicht, sich dem anderen auf Kosten der eigenen Individualität anzupassen und unterzuordnen. Eine lebendige und nährende Beziehung lebt von der Andersartigkeit der Partner, von der Auseinandersetzung und dem Suchen nach Gemeinsamkeit. Das beinhaltet eine aktivierende Spannung, ein Sich-Einlassen auf den anderen ohne sich aufzugeben. Liebe ist nicht Konfluenz und Konfluenz ist nicht Liebe. Liebe braucht Luft zum Atmen und Raum, um sich ausdehnen zu können. Liebe ist angewiesen auf die Einfühlung der Partner, aber ebenso auf deren Eigenständigkeit. Sonst trägt immer einer den anderen mit sich herum. Eine Beziehung gelingt dann, wenn beide Partner Wertschätzung für sich selbst und den anderen haben. Wenn sie also ein stabiles Selbstwertgefühl besitzen, das es ihnen möglich macht, ihre Stärken ebenso zu leben wie ihre Schwächen und sie für beides in der Beziehung Raum haben.

Narzisstischen Beziehungen fehlt all das, denn sie sind Begegnungen zweier Menschen, deren Selbstwertgefühl verletzt ist und die daher im anderen die Wertschätzung suchen, die sie sich selbst nicht geben können.

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